Zu Fuß

früher gingen die Leute zu Fuß, die wenigsten hatten ein eigenes Auto und für arme Leute war die Eisenbahn zu teuer. So zum Beispiel meine Urgroßmutter Sophie Bossert, die Hausierer Sophie. Oder Josef und Christine Benz aus meinem ersten. Buch „zu arm zum Träumen“. Sophies Mann, Matthias, war reisender Nähmaschinenhändler und Mechaniker. Alles zu Fuß. Elsa, seine Tochter – meine Oma, ging in Schiltach zur Schule und wohnte beinahe in Halbmeil. Das sind schätzungsweise sechs Kilometer eine Strecke. Man ging zu Fuß. Mein Vater erzählte, dass es Leute gab, die jeden Tag von Alpirsbach nach Oberndorf zur Arbeit wanderten, 20 Kilometer! Und zurück nach zehn Stunden Arbeit. Einmal hätte seine Großmutter Christine ihren Mann in Stuttgart besucht, als er beim Militär war. Zu Fuß. Man ging zur Wallfahrt oder besuchte Verwandte. Alles zu Fuß. Das können wir uns kaum noch vorstellen. Wir hätten dazu gar nicht die Zeit in unserer Hektik. Schade eigentlich. Man ging oft zusammen, als Familie oder mit Freunden. So war viel Zeit zum Reden. Ob man es getan hat oder ob man sich an geschwiegen hat? Es blieb Zeit zum Nachdenken, zur Stille, ohne Ablenkung. Durch den Fußweg zueinander wurde die Gemeinschaft wertvoll, es war ein Aufwand, ging nicht im Handumdrehen. So freute man sich auf einen Besuch, gestaltete ihn bewusst und genoss ihn. Obwohl es eine Anstrengung bedeutete, besuchte man sich vielleicht öfters als heute, wo man nur schnell hinfahren müsste. Ich will die Zeit nicht zurück haben. Wir haben es heute viel bequemer. Darum: wen sollte ich wieder mal besuchen? Mit dem Auto. Und dann könnte ich mit ihm eine Runde um den Block laufen, nur so zum Reden!